ENZYKLOPÄDIE DES ALLTAGS - DAS MAGAZIN Nr. 35

UNTER EINEM HUT Von Bienli und Wölfen, Raidern und Rovern - die Geschichte der 1907 gegründeten Pfadfinderbewegung.

Junge Menschen verfügen über Energien, die nicht einfach so im Körper bleiben können, sondern biologisch bedingt ausgelebt werden müssen. Dies kann sowohl positiv wie auch negativ geschehen. Stichworte zu Letzterem: Gewalt (Umkippen von Grabsteinen, Vandalismus), Drogen oder Jungpolitikertum; zu Ersterem: Sport, Musizieren in Gruppen (Bands) oder die Pfadi.

Die Pfadi hat den enormen Vorteil, dass sie diverse jugendliche Bedürfnisse unter einem Hut vereint: Toben im Wald, technisches Geschick oder die Sehnsucht nach Struktur, Rang und Riten, etwa Initiationsriten, Mutproben (Regenwürmer essen) und so weiter.

Die Pfadis sind weltweit durchorganisiert, strukturiert, hierarchisch gegliedert und in einer Zahl von 25'000'000 Jungs und auch Mädchen in 216 Ländern aktiv.

Je nach Alter und Geschlecht spricht man von Bienli und Wölfen (7-11 Jahre), Pfadis (11-15), Cordées und Raidern oder Pionniers (14-17) und Rovern (17-25).

30 Bienli = 1 Volk.

30 Wölfe = 1 Meute.

5-8 Pfadis = 1 Fähnli, das vom Ältesten geführt wird, der «GruFü» genannt wird.

6-10 Cordées/Raiders = 1 Equipe.

4-10 Rovers = 1 Rotte.

Die Pfadi-Welt-Zentrale liegt in Genf, wo auch das 1929 von David Jagger gemalte Porträt in Öl hängt, das Robert Stephenson Smyth Baden-Powell Lord of Gilwell zeigt, den Gründer der Bewegung und noch immer (obwohl 1941 im Alter von 83 Jahren in Kenya verstorben) oberster Pfadfinder des Planeten. Man nennt ihn liebevoll und kurz und bündig B-P («bi-pi»). Eine illustre Person, Träger des Hosenbandordens und General in Diensten der britischen Königin Victoria, der in den Kolonialkriegen gegen revoltierende Eingeborene und gegen die Buren kämpfte. Schon damals war es sein Ziel, den Gegner durch List auszuschalten, um so Blutvergiessen zu verhindern. Im Burenkrieg begann er damit, Burschen als Kundschafter auszubilden. Später entschloss er sich, seine militärische Karriere zu beenden und all sein Wissen für den Aufbau einer Jugendbewegung einzusetzen, die dem Frieden dienen sollte: die Pfadfinder. Den Grundstein dazu legte er 1908 mit der Publikation «Scouting for Boys».

Eine Besonderheit der Pfadis, nebst ihren Fachbegriffen, Uniformen, dem Halstuch, dein Zeichen der Lilie sowie dem guten Willen, wann immer möglich eine gute Tat zu vollbringen, sind die originellen Namen (auf dem Bild: Goofy).

Im «Pfadinamen-Verzeichnis, unvollständig» finden sich alleine unter A 74 Eintragungen, wie etwa Aguti («hasenähnliches Nagetier») oder Akulak («Grönländisch für Big Brother»).

Doch die lustige Welt der Pfadis, die auch viele Spiele kennt, hat auch Schattenseiten. In den USA verklagte der wegen seiner homosexuellen Veranlagung ausge-schlossene Jarnes Dale die dort stark mit christlich-konservativer Schlagseite versehene Organisation wegen Diskriminierung. Eine öffentliche Debatte ist im Gange.